Eine Influencerin erzählt: Von der “Basteltante” zur Youtuberin

Im November 1971 wurde das erste E-Mail verschickt. Vor fünfzig Jahren! Wir nahmen das Jubiläum zum Anlass, ein Timeout zum Thema Social Media zu gestalten. Unsere Referentin Nadia Holdener erwies sich als Volltreffer. Geschickt wechselnd zwischen ihrem persönlichen Lebensweg und Hintergrundinformationen zur grossen Welt der Social Media erfuhren wir viel Wissenswertes über eine virtuelle Realität, die auch unsere reale Welt prägt. Jedenfalls fast.

Nadia Holdener, die wir seit diesem Jahr zu unseren Mitgliedern zählen dürfen, war zu Beginn ihrer beruflichen Karriere, von 2003 bis 2012, beim Schweizer Fernsehen tätig und wirkte unter anderem als “Basteltante” in Kindersendungen. Ab 2008 studierte sie berufsbegleitend an der Zürcher Hochschule der Künste, hatte sie doch das Gefühl, es gäbe mehr als ‘nur’ Fernsehen. 2011 schloss sie dieses Studium als Bachelor für Arts in Design, Cast / Audiovisual Media erfolgreich ab und wagte bereits zwei Jahre später den Sprung in eine Selbständigkeit, der sie als Digital Storytellerin und Hochschuldozentin bis heute treu ist.

Über 60’000 AbonnentInnen

Zusammen mit ihrer Partnerin startete sie 2015 den Youtube-Kanal Lifehackerin. Heute zählt er über 60’000 AbonnentInnen, aber selbst tragend, dies erläuterte Nadia anschaulich und mit konkreten Zahlen, ist dieses  Projekt noch nicht. Warum dem so ist, trotz fast 400 verfügbaren Videos, die täglich etwa 10’000 Aufrufe generieren, erklärte sie uns anschaulich und gut verständlich. Dass sie die Freude an diesem Projekt nicht verloren hat, liegt zum einen daran, dass “Lifehackerin” der beste Türöffner für neue Aufträge für die Zweifrauen-Agentur ist, und weil sie so eine besonders glaubwürdige und kompetente Hochschuldozentin geworden ist. Das können wir nach ihrem knapp 30minütigen Referat nur bestätigen.

Deutlich wurde aber auch, dass es ein klares Konzept, eine konsequente Bewirtschaftung des Kanals und begleitende Massnahmen braucht, damit die eigene Community wächst. Nadia und ihre Partnerin sind deshalb nicht nur auf Youtube aktiv , sondern denken strategisch denken und investieren gezielt in weitere Channels , wobei jeder dieser Channels (Instagram zum Beispiel) eine andere Kundschaft anziehen und andere Formate (Länge der Videos etc.) erfordern. Auf eine Vollzeitstelle schätzt Nadia den Aufwand der Agentur, der durch die Einnahmen, vor allem aus Werbung, noch nicht gedeckt wird. Das liegt zum einen daran, dass ihnen als Lieferanten des Inhalts (lies: den Macherinnen) nur der kleinere Teil der effektiven Werbeeinnahmen zusteht, aber auch daran, dass Nadia und ihre Partnerin nur zurückhaltend andere Einnahmequellen akzeptieren (eines davon: Product Placement).

Die Algorithmen sind das ein und alles

Nach gut fünf harten Lehrjahren (hart in finanzieller Sicht) ist für Nadia klar, dass sie zwar über die notwendige Kompetenz und Ausdauer für ein solches Projekt verfügen, aber sie und ihre Partnerin haben sich nun dennoch klare Ziele gesetzt. Lifehackerin, der Name kommt von Life (=Leben) und Hacks (=englisch für Problemlösungen) und bringt vor allem, oder eigentlich ausschliesslich, konkrete, simple Lösungen für Alltagsfragen. Innerhalb einer vernünftigen Zeit soll der Kanal soviel Umsatz generieren, dass sie damit zumindest die Arbeitskosten angemessen abdecken können. Zur Strategie gehören nebst der bereits angetönten Erweiterung der Suche nach ihrer Community in anderen Kanälen auch das gezieltere Bespielen von Videos mit Themen, die “ziehen”.

So ist das weitaus meist angeklickte Video (über 2 Mio. Aufrufe) eine Anleitung, mit Backpulver den Backofen zu reinigen. Videos zum Putzen sind generell sehr gefragt, hat sie festgestellt. Und je nach Jahreszeit sind andere Lösungen gefragt. Zur Strategie gehört aber auch, dass unmittelbar nach Aufschalten eines neuen Videos, jeden Freitag um 18 Uhr, gehörig “traffic” generiert wird, denn dieser “traffic” entscheidet darüber, ob und wie die grossen Suchmaschinen das Video von Nadia einschätzen (Hitpotential ja oder nein). Und die Algorithmen, das weiss Nadia mittlerweile nur zu gut, die Algorithmen sind das ein und alles in den Social Media.

Ein grosses Dankeschön

Mit lang anhaltendem Applaus verdankten die 15 Anwesenden den spannenden und lehrreichen Vortrag von Nadia Holdener. Während des Mittagessens blieben Social Media das lange Zeit vorherrschende Themen, was bekanntlich immer ein gutes Zeichen ist.

Ein grosses Dankeschön gebührt auch dem Zunfthaus Zum Grünen Glas in Zürich, unserem Stammlokal. Nach Ablauf der Anmeldefrist standen nämlich 8 Namen auf der Gästeliste. Effektiv waren wir dann 15. Gerhard & Katharina Kiniger haben es mit ihrem Team geschafft, dass wir dennoch alle dasselbe feine Menü geniessen durften. Wir freuten uns, dass  das Restaurant, das weiterhin der realen Welt angehört, so flexibel auf die höhere Teilnahme reagieren konnten. Gerne empfehlen wir deshalb auch das Zunfthaus Zum Grünen Glas für ein feines Essen, denn, und da treffen sich reale und virtuelle Welt ebenfalls, auch für das Restaurant gilt, je mehr “traffic”, desto besser für das Geschäft. 🙂

 

Roland Gröbli

Präsident VCU Zürich

 

 

 

 

 

 

 

 

Schreibe einen Kommentar