Das «Ende der Welt» ist nicht das Ende der Welt

Dieses Foto schoss ich am 27. Dezember auf der Trübsee ob Engelberg. Sie zeigt den Engelberger Hausberg Hahnen in schönstem Sonnenlicht. Doch direkt vor mir können sie Fussspuren erkennen, die nirgendswohin führen. Und wer sich in der Region auskennt, weiss, dass die Talschneise links vom Hahnen als «Ende der Welt» bekannt ist. Das Bild passt zu meiner (unserer?) Jahresendstimmung. Eigentlich geht es uns super, aber unbeschwert das Leben geniessen will uns im Moment nicht so recht gelingen.

Ging/geht es Ihnen auch so, dass Sie sich ‘irgendwie’ Richtung Jahresende schlepp(t)en und darauf hoffen, das neue Jahr werde anders, besser, ohne Kriege, ohne ungelöste Konflikte, ohne so viele Fragen mit so wenig Antworten?

Reichhaltiges Programm mit vielen anregenden Begegnungen

Als VCU Zürich blicken wir auf ein tolles, spannendes und interessantes 2023 mit vielen gelungenen Anlässen zurück. In allen Impulsreferaten ging es um aktuelle und grundsätzliche Fragen zur Zeit, drei Mal über andere Weltregionen: Mikrokredite in Uganda (mit Sabine Ganz), die Herausforderung China (mit dem Schreibenden) und um ein spannendes Entwicklungsprojekt in Bhutan (mit Andreas Galmarini); zweimal um grundlegende Ressourcen: neue Finanzierungsoptionen (mit Andreas Oehninger) oder die Zukunft der Welternährungstechnik (mit Ugo Tosoni); und am Aschermittwoch am Beispiel der Theologischen Fakultät um die Stellung der Geisteswissenschaften in unserer heutigen Zeit (mit Dekanin Dorothea Lüddeckens).

Ausserdem organisierten wir je einen Anlass mit potenziellen und aktiven Mitgliedern U50, einen Bauernhofbrunch vor allem mit und für junge Familien, zwei U4U-Abende, einen Sommerabendanlass im Juli und das 24h-TimeOut, das uns allen guttat. Dazu die Anlässe der VCU Schweiz, namentlich die Jahrestagung in Romanshorn mit einem abwechslungsreichen Programm. In bester Erinnerung ist mir auch die traditionelle Dreikönigstagung in Basel, der in wenigen Tagen wieder stattfindet.

Alle Anlässe, die ich hier kurz umrissen habe, waren für alle Anwesenden bereichernd, litten aber darunter, dass in aller Regel die Zahl der Teilnehmenden überblickbar blieb. Wir sind uns wohl bewusst, dass in diesem Jahr 2023 viele Kräfte gebraucht wurden, um sich mit all den gegenwärtigen Widerwärtigkeiten zurecht zu finden. Und dennoch, unsere Referent/-innen wie auch wir als Organisator/-innen hätten einen grösseren Zuspruch geschätzt und verdient.

Ein dreifaches Dennoch wider die Erschöpfung

Ist die Alltags-Erschöpfung so gross, dass Energie und Zeit für eine persönliche Teilnahme nicht mehr reichen? Dem will ich ein dreifaches Dennoch entgegenstellen:

  • Es gibt Ereignisse und Anlässe im Leben, die Kraft kosten, und andere, die Kraft geben. Die VCU-Anlässe gaben und geben mir Kraft, geben mir Anregungen, die gut tun.
  • «Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei» (1. Moses 2,18). An den VCU-Anlässen tausche ich mich mit Mitmenschen aus, pflege Gespräche und finde Gleichgesinnte. Begegnungen geben Kraft.
  • Mehr denn je bin ich überzeugt, dass mein grösster Hebel bei mir selbst liegt. Weniger («Social») Medienkonsum, mehr Tiefe in der Aufnahme von Informationen, das heisst: mehr Lektüre von Büchern, weniger Konsum sekundengetakteter Clips. Mehr persönliche Begegnungen, mehr Abgrenzung zu Infotainment. Die Liste liesse sich fortsetzen.

Im Vorstand haben wir uns vor Weihnachten nochmals zusammengesetzt, das Jahr analysiert und wollen bereits im Januar nochmals zusammensitzen. Wie begegnen wir dem Teilnahmerückgang? Wie bleiben wir eine attraktive Vereinigung für (mehr) Menschen, die sich persönlich begegnen, spüren und erfahren wollen? Zeitnah, spätestens an unserer nächsten GV wollen wir darüber berichten.

 

Am 28. Dezember sind wir dann tatsächlich zum «Ende der Welt» spaziert. Es gibt hier ein ausgezeichnetes, familiengeführtes Restaurant. Wir hatten Glück, dass wir zur Mittagszeit noch zwei Plätze fanden. Uns fiel die gute Stimmung auf, die Gespräche flogen hin- und her. In einem Wort: es war heimelig, ja familiär. Wir fühlten uns wohl, genossen die Älplermagronen und in meinem Kopf die ersten Sätze für diese Jahresendgedanken zu formen.  Persönliche Begegnungen bleiben unschlagbar. Die VCU hat Zukunft. Weil das «Ende der Welt» ist nicht das Ende der Welt.

Roland Gröbli

Co-Präsident VCU Zürich

Bildlegende: Blick von Trübsee zum Engelberger Hausberg Hahnen. Links im Tal das «Ende der Welt» (Foto Roland Gröbli)

 

 

 

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