«Zukunft braucht Visualisierung»

Gedanken zum Neuen Jahr. Als ich anfing, mir Gedanken für dieses Editorial, zu machen, kam mir wieder einmal Ludwig Hasler (geboren 1945) zu Hilfe. Er ist und bleibt für mich der spannendste und beste lebende Philosoph der Schweiz. In seinem fulminanten Schlusswort anlässlich der Feier «20 Jahre Greater Zurich Area», sagte er unter anderem: «Zukunft braucht Visualisierung». Damit wir daran glauben (können), dass es eine Zukunft gibt, muss ich sie mir vorstellen, muss ich sie ‚sehen‘ können.

Dr. Roland Gröbli, Präsident VCU Regionalgruppe Zürich

Gerade in unseren Breitengraden fällt es vielen Menschen schwer, die Zukunft zu sehen bzw. etwas Positives in unserer Zukunft zu sehen. Alle Anwesenden verstanden deshalb sehr wohl die Hinterlist dieses Satzes. ‚Hinterlist‘? Auch eines dieser wunderbaren deutschen Wörter, die adäquat in keine andere Sprache übersetzt werden können. Ludwig Hasler hatte uns selbst darauf vorbereitet, dass er nicht beim Wort genommen werden will. «Ihr habt die Zukunft vor Euch, ich (74jährig) habe sie hinter mir», bemerkte er trocken. Natürlich meinte er auch dies hinterlistig.

Das beste Rezept gegen Kulturpessimismus

Angesichts der Überfülle negativer Nachrichten aus aller Welt kann ich den weit verbreiteten (Kultur-)Pessimismus nachvollziehen. Aber ich bin nicht bereit, mich dem zu unterwerfen. Wollen reicht aber nicht, es braucht Strategien, sich düsteren Zukunftsszenarien zu entziehen. Meine wichtigste Strategie ist es, einen Freundeskreis zu suchen und zu pflegen, der mich immer wieder neu inspiriert. Die eigene Erfahrung lehrt uns, und die moderne Hirnforschung bestätigt dies, dass Menschen in unserer Umgebung einen Einfluss auf unser Denken und unser Verhalten haben. Das soll uns nicht schrecken, das dürfen und müssen wir aktiv nutzen. Suchen und finden wir Menschen, die aktiv sind und bleiben. Das ist das beste Rezept gegen Kulturpessimismus.

Die VCU bietet mir immer wieder die Chance, mich mit Menschen mit einer positiven Lebenseinstellung zu treffen. Ich denke dabei an Persönlichkeiten wie Carlo Galmarini, den langjährigen und höchst engagierten Präsidenten der VCU-nahen Stiftung Swisshand, an unser Vorstandsmitglied Myriam Mathys, oder an Stephan Kopp. Sie alle helfen mir, positiv zu bleiben und die Zukunft ebenso zu sehen bzw. auf sie zuzugehen.

Mit «freundschaftlicher Verbundenheit»

Zu diesen Überlegungen passt für mich sehr gut der erste Zweckartikel, den wir in unsere neu verabschiedeten Statuten der Regionalgruppe explizit aufgenommen haben. Er lautet:

«Für die Regionalgruppe Zürich gilt im Besonderen die Pflege des Gedankenaustauschs und der freundschaftlichen Verbundenheit unter allen Mitgliedern der Regionalgruppe.» 

Gerade die Feststellung der «freundschaftlichen Verbundenheit» haben wir bewusst gesucht und um die geeignetste Formulierung gerungen. Freundschaftliche Verbundenheit scheint uns das richtige Mass an Nähe und Distanz. Mir gefällt dieser Begriff und mir gefällt das Anliegen, dem wir in freundschaftlicher Verbundenheit gerecht werden wollen. Die VCU ist Teil der Zukunft, wenn es uns immer wieder neu gelingt, zusammen mit anderen Menschen und in gegenseitiger Verbundenheit, an und für diese Zukunft zu arbeiten. Für die anderen – und für uns.

 

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